Online-Ausstellung zur antisemitischen Wohnungspolitik in Berlin 1939–1945

Kartendarstellung aus der Ausstellung Berlin mit markierten Zwangswohnungen in Berlin

Mit den Novemberpogromen des Jahres 1938 begann eine neue Phase der antijüdischen NS-Politik zur umfassenden Ausplünderung und Verdrängung. Ab 1939 zwangen die nationalsozialistischen Behörden fast die Hälfte der noch verbliebenen jüdischen Bevölkerung Berlins, ihre Wohnungen zu verlassen. Sie mussten zu anderen Jüdinnen und Juden ziehen und mit ihnen auf engstem Raum leben. Für die meisten waren diese Zwangswohnungen der letzte Wohnort vor der Deportation und Ermordung.

Das Aktive Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e. V. und die Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin haben in einem mehrjährigen Projekt zur Geschichte dieser Zwangswohnungen und ihren Bewohnerinnen und Bewohnern geforscht.

Ausstellung erzählt die Geschichten der Häuser und Menschen

Im Oktober 2023 haben die Projektpartner die Online-Ausstellung „Zwangsräume“ veröffentlicht. Ausgewählte Hausgeschichten erzählen davon, wie die Einweisung in die Zwangswohnungen funktionierte, unter welchen Bedingungen die Menschen darin lebten und wie die Wohnungen nach den Deportationen aufgelöst wurden.

Digitale Karten zeigen die Häuser im Stadtraum und stellen die Zwangsumzüge der jüdischen Bevölkerung innerhalb Berlins zwischen 1939 und 1945 dar. Mit Kontextinformationen zeigen die Ausstellungsmacherinnen und -macher, in welchen Zusammenhängen dieser Aspekt antijüdischer Politik stand.

Ausschnitt aus der Website zur Hausgeschichte Schönhauser Allee 185-186

Eine zentrale Quelle zu den Adressen dieser Häuser und den Menschen, die darin lebten, sind die Unterlagen der Vermögensverwertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg. Sie sind im Brandenburgischen Landeshauptarchiv überliefert. Von 2021 bis 2023 haben wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des Projekts in diesem Bestand des Landeshauptarchivs recherchiert. Zahlreiche Dokumente daraus sind in der Ausstellung zu sehen, so auch zu Rosa Kniebel und ihrer Familie in der Schönhauser Allee 186.

„Der Blick auf einzelne Häuser macht das berlinweite System der Zwangswohnungen deutlich und erinnert an ihre jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner“

Dokumente aus einer Akte des Landeshauptarchivs zur Zwangswohnung in der Schönhauser Alle 186, Berlin.

Dr. Akim Jah, Mitglied des wissenschaftlichen Projektteams und Leiter der Abteilung Forschung und Dokumentation der Gedenkstätte Bergen-Belsen berichtet: „Ein wichtiges Forschungsergebnis des Projektes ist: Die Zwangswohnungen lagen zumeist in Mietshäusern, in denen sich auch andere Wohnungen befanden“, so der Historiker. „Die nichtjüdischen Nachbarinnen und Nachbarn bekamen die Veränderungen nebenan mit – die Einweisungen und schließlich auch die Deportationen.“

Ergänzend zur Online-Ausstellung gibt es zahlreiche Begleitveranstaltungen zur Geschichte einzelner Häuser im öffentlichen Raum: Großplakate in der Nähe damals betroffener Adressen, Gedenkfliesen mit QR-Codes zu den Geschichten der Häuser und ihrer Bewohnerinnen und Bewohner sowie historische Stadtrundgänge.

Alle Informationen auch zum Begleitprogramm finden Sie auf den Seiten der Ausstellung.

Zur Ausstellung: https://zwangsraeume.berlin/de/

Zum historischen Kontext: https://zwangsraeume.berlin/de/context

Zu den Veranstaltungen: https://zwangsraeume.berlin/de/news

Beitrag im RBB Kultur-Magazin über das Projekt (Video und Text)