Zentrale Quellen digital: Landeshauptarchiv stellt 11.000 Akten online

Ansicht des DFG-Viewer mit historischem Aktentitel

Potsdam, 21. August 2023 – Das Brandenburgische Landeshauptarchiv hat heute knapp 11.000 Akten zur Geschichte Brandenburgs online veröffentlicht. Es handelt sich dabei um besonders häufig genutzte Quellen aus der Präsidialabteilung der früheren Regierung Potsdam. Dazu gehören Akten zu polizeilichen Angelegenheiten sowie zum Siedlungs- und Wohnungswesen vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis zum Ende der NS-Zeit.

Das umfangreiche Digitalisierungsvorhaben mit einer Gesamtsumme von rund 330.000 Euro wurde anteilig durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 238.000 Euro gefördert. Mit etwa 5,5 Millionen gescannter Seiten handelt es sich um das bislang größte Digitalisierungsvorhaben des Landeshauptarchivs.

Verbesserter Zugang zur bedeutendsten Überlieferung des Landes

Den Bestand „Regierung Potsdam“ hat das Landeshauptarchiv für die Digitalisierung ausgewählt, da dieser Unterlagen für vielfältige Forschungsthemen zur Geschichte Brandenburgs und Preußens enthält.

Bereits 2019 hatte das Landeshauptarchiv rund 1.800 Akten aus dem Teilbestand Hochbauangelegenheiten veröffentlicht. Nun erfolgt die Online-Publikation auch für die weiteren in dem Projekt digitalisierten Teilbestände: Kommunalangelegenheiten, Polizei- und politische Angelegenheiten sowie Siedlungs- und Wohnungsangelegenheiten. Die Unterlagen sind in der Online-Archivdatenbank des Landeshauptarchivs zu finden.

„Nach den ersten erfolgreichen Schritten im Projekt kam uns die Corona-Pandemie dazwischen, was die Digitalisierung der Akten verzögert hat“, berichtet Julia Moldenhawer, für die Digitalisierung von Archivgut zuständige Abteilungsleiterin, die das Projekt verantwortet hat. „Umso schöner ist es, dass wir der Öffentlichkeit nun endlich die digitalisierten Unterlagen online zur Verfügung stellen können.“

„Die Quellen geben anschauliche Einblicke in Leben und Gesellschaft im früheren Regierungsbezirk Potsdam, zu dem bis 1881 auch Berlin gehörte“, erklärt der Direktor des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Prof. Dr. Mario Glauert. „Unter den veröffentlichten Quellen ist beispielsweise eine Akte zur Beschlagnahme des in Caputh liegenden Segelbootes von Albert Einstein durch die Nationalsozialisten. Es finden sich außerdem Akten zu nahezu allen Orten und Städten der Region von Altlandsberg bis Zossen, zum bunten Vereinswesen, zum jüdischen Leben in den brandenburgischen Gemeinden oder auch historische Unterlagen zu Eingemeindungen, wie der von Neubabelsberg nach Nowawes aus den 1920er Jahren.“


Mit den Teilbeständen veröffentlicht sind zudem Quellen, die die Wohnungsnot in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigen, darunter Akten „zur Enteignung mit Rücksicht auf das Wohnungsbedürfnis“ ab 1918.

Hintergrund: Warum ist die Überlieferung der Regierung Potsdam so bedeutend?

Die Bedeutung des Bestandes ergibt sich aus der Stellung der Regierung Potsdam in der preußischen Verwaltung. Als eine von zwei Regierungen in der preußischen Provinz Brandenburg wurde die Regierung Potsdam 1809 eingerichtet. Sie war zuständig für die gesamte innere Verwaltung.

Der Regierungsbezirk Potsdam erstreckte sich über den westlichen und nördlichen Teil der Provinz und schloss zeitweise das Gebiet der Hauptstadt Berlin mit ein. Die Größe des Regierungsbezirks und die Grenzlage zur expandierenden Hauptstadt Berlin hatten zur Folge, dass hier umfangreiche Akten entstanden. Sie blieben vom Krieg weitgehend verschont und sind damit im Vergleich zu anderen preußischen Bezirksregierungen besonders dicht und umfangreich überliefert.

Pressemitteilung als PDF

Informationen zu den veröffentlichten Teilbeständen: Was kann ich für Themen erwarten? 

Staatliche Kommunalaufsicht

Der Teilbestand Rep. 2A I Kom enthält Unterlagen zur staatlichen Kommunalaufsicht über die Kreise und Städte des Regierungsbezirks. Die Akten gewähren Einblicke in tiefgreifende Veränderungen der Kommunalverfassung. Grundlegende Reformvorhaben der Preußischen Staates im 19. Jahrhundert lassen sich anhand der Quellen genauso gut nachvollziehen wie später die „Gleichschaltung“ kommunaler Institutionen durch den NS-Staat auf der Grundlage des Gemeindeverfassungsgesetzes von 1933 und der Deutschen Gemeindeordnung von 1935. So dokumentieren die für jede Stadt vorhandenen Akten über die Wahl der Bürgermeister und Magistratsmitglieder anschaulich die politischen Umbrüche in den Kommunalverwaltungen 1918 und 1933.

Andere Akten widerspiegeln die räumliche Entwicklung der Gemeinden und Kreise durch Aus- und Eingemeindungen und Grenzveränderungen, enthalten inhaltsreiche Unterlagen über ihre Haushalts- und Rechnungsführung oder betreffen den Betrieb von Sparkassen oder den Aufbau kommunaler Infrastruktur, v. a. der Wasserversorgung und Entwässerung.

Polizeiverwaltung und politische Polizei

Im Teilbestand Rep. 2A I Pol befinden sich zentrale inhaltsreiche Quellen zur Polizeiverwaltung und zur politischen Polizei im Regierungsbezirk Potsdam. Dazu gehören Akten über die Organisation und personelle Besetzung des Polizeiapparates, über Polizeiverordnungen sowie umfangreiche Bandreihen von Sammelsachakten über die sozialdemokratische Bewegung aus der Zeit vor 1918, über die KPD und Gruppen des linken Parteienspektrums sowie über rechtsradikale Organisationen und die NSDAP aus den Jahren der Weimarer Republik. Dokumente über das Wirken dieser Gruppierungen und die politischen Auseinandersetzungen sind darüber hinaus besonders in Aktenbandreihen über Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, über die Verhängung des Ausnahmezustandes und über die Durchführung des Gesetzes zum Schutz der Republik enthalten.

Zur Etablierung und Festigung der NS-Diktatur ab 1933 (u. a. Verhängung von „Schutzhaft“, Verbot von Vereinen und Organisationen, Beschlagnahme und Einziehung „staatsfeindlichen“ Vermögens) liegen umfangreiche Sammelsachakten vor. Darin finden sich auch viele Einzelschicksale von Menschen dokumentiert, die aus rassischen, politischen oder anderen Gründen von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, ihnen missliebig waren oder gegen sie Widerstand leisteten. Einzelne Akten betreffen speziell Juden, das Vorgehen gegen Pfarrer der evangelischen Bekennenden Kirche oder polizeiliche Maßregeln gegen Sinti und Roma.

Der Inhalt anderer Aktengruppen ist ebenfalls eng mit Maßnahmen der politischen Polizei verbunden, so z. B. Akten über das Vereins- und Versammlungswesen, über die Durchführung von Wahlen aus der Zeit vor 1918, über Streiks und Arbeitsniederlegungen und über die Handhabung der Pressepolizei. Im Bestand befinden sich außerdem umfangreiche Überlieferungen zu Militärverwaltungsangelegenheiten sowie zur Sicherheits- und Ausländerpolizei. Gerade letztere beinhalten Quellen zur Beschäftigung ausländischer, vor allem polnischer Arbeiter*innen in der Landwirtschaft seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Darunter befinden sich Akten mit zentralen Dokumenten zur polizeilichen Reglementierung der Arbeits- und Lebensbedingungen von NS-Zwangsarbeiter*innen.

Siedlungsentwicklung und Wohnungsbau

Der Teilbestand Rep. 2A I S umfasst Akten des Geschäftskreis Siedlungs- und Wohnungswesen überwiegend aus dem Zeitraum 1900 bis 1945. Sie dokumentieren die Entwicklung der Bebauung in den Städten und Landgemeinden durch Aufstellung von Bebauungsplänen, Vorortsbauordnungen und Errichtung von Kleinsiedlungen. Andere Aktengruppe enthalten wichtige Quellen zu den staatlichen Bemühungen in der Weimarer Republik und während der NS-Zeit zur Behebung der Wohnungsnot und Schaffung von Wohnraum durch Vergabe von Krediten an Kommunen und private Wohnungsgesellschaften.

Der Teilbestand bietet zudem viel genutzte Quellen zur Siedlungs- und Raumplanung zur Durchführung des Gesetzes über einstweilige Maßnahmen zur Ordnung des deutschen Siedlungswesens vom 3. Juli 1934. Besonders ergiebig und umfangreich ist diese Dokumentation für die unmittelbar an Berlin angrenzenden Orte und Kreise. Sie verdeutlicht die raumplanerischen Maßnahmen im Berliner Randbereich vor dem Hintergrund der fortschreitenden Industrialisierung und der Ansiedlung der Rüstungsindustrie nach 1933.

Links in die Online-Recherche und zu den Teilbeständen

Online-Archivdatenbank

Zur Bestandseinleitung des Bestandes Rep. 2A Regierung Potsdam in der Online-Recherche

Zum Teilbestand Rep. 2A I Kommunalangelegenheiten

Zum Teilbestand Rep. 2A I Polizei und polizeiliche Angelegenheiten

Zum Teilbestand Rep. 2A I Siedlungs- und Wohnungsangelegenheiten

Pressekontakt

Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Friederike Scharlau
Tel. 0331 5674-127
E-Mail: friederike.scharlau@blha.brandenburg.de