Dokumente der nationalsozialistischen Vermögensverwertungsstelle

Sprache, Begriffe und Kontextinformationen

Die folgende Seite gibt eine Hilfestellung bei der Einordnung der online veröffentlichten Akten der „Vermögensverwertungsstelle“ beim Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg. Sie finden hier Begriffsklärungen und Hinweise zur Entstehung der Quellen. Zu den Themen Holocaust, Antisemitismus und Nationalsozialismus haben wir eine Auswahl weitergehender Informations- und Bildungsangebote zusammengestellt. Die Auswahl wird nach und nach ergänzt.

Grundlagen- und Überblicksdarstellungen zum Themenkomplex Holocaust, Antisemitismus und Nationalsozialismus

Überblicksdarstellungen über die antisemitischen, rassistischen und politischen Verfolgungsmaßnahmen des NS-Staates

Umfangreiche Quellensammlungen und digitalisierter Quellen

Bildungsmaterialien und Bildungsangebote

Was ist die „Vermögensverwertungsstelle“?

Die „Vermögensverwertungsstelle“ des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg wurde im Januar 1942 in der Finanzverwaltung eingerichtet. Sie war eine an den nationalsozialistischen Grundsätzen ausgerichtete Dienststelle. Ihre Aufgaben standen im direkten Zusammenhang mit den Massendeportationen von Jüdinnen und Juden aus dem gesamten Reichsgebiet.

Zuständig war sie hauptsächlich für die Einziehung des Vermögens der in Berlin und Brandenburg ansässigen Jüdinnen*Juden, aber auch Sinti*zze und Rom*nja, Widerstandskämpfer*innen und aller anderen von der nationalsozialistischen Gesellschaft als „Reichsfeinde“ verfolgten Personen.

Sie war beteiligt an der umfassenden antisemitischen Verfolgungspolitik und ermöglichte es dem Deutschen Reich sowie einer Vielzahl von Privatpersonen, Gewerbetreibenden und Firmen, sich im Zuge der Deportationen und der Massenauswanderung aus Deutschland zwischen 1933 und 1945 an dem Vermögen der Verfolgten zu bereichern.

NS-Sprache und Ideologie in den Akten der „Vermögensverwertungsstelle“

Der Blick auf die Opfer nationalsozialistischer Verfolgungspolitik in den Akten ist von der nationalsozialistischen Ideologie, der Übernahme antisemitischer und rassistischer Zuschreibungen und durch die Verwendung einer beschönigenden und verschleiernden Sprache gekennzeichnet.

So wurde z. B. die Deportation Tausender Berliner Jüdinnen und Juden beschönigend als „Auswanderung“ oder „Evakuierung“ umschrieben. Auch jüdische Rechtsanwälte oder Ärzte sind in den Akten meist nur mit den Berufsbezeichnungen „Konsulent“ und „Krankenbehandler“ zu finden, was somit die nationalsozialistische Politik der Einschränkung der Berufsausübung gegenüber Jüdinnen*Juden in diesen Bereichen widerspiegelt. Hinzu kommt, dass Antragssteller*innen oder Korrespondenzpartner*innen der „Vermögensverwertungsstelle“ mit Rückgriff auf antisemitische Stereotype und Topoi versuchten, Jüdinnen*Juden vor den Behörden zu diskreditieren, um so einen Vorteil beim Zugriff auf deren Vermögen zu erlangen.

Einen Überblick über antisemitische Stereotype und Einstellungen finden bei der Bundeszentrale für politische Bildung.

Biografien der Verfolgten in den Akten

Die Akten zeigen in der Regel nur den Ausschnitt der Lebensgeschichte vor der Flucht oder Deportation. Die Biografien vor der NS-Zeit bleiben eher unsichtbar, da für die Finanzbehörden ausschließlich die Vermögenssituation mit Beginn des Vorgangs der Vermögenseinziehung von Bedeutung war. Die in den Akten genannten Wohnorte sind meist nicht freiwillig gewählt und die angegebenen Berufe der verfolgten Jüdinnen*Juden stimmen oft nicht mit den erlernten oder vor 1933 ausgeübten Berufen überein. Vielmehr handelt es sich in vielen Fällen um Tätigkeiten, die im Rahmen der Zwangsarbeit verrichtet werden mussten.

„Jüdinnen“*„Juden“

Maßgeblich für die Verfolgung als Jüdin*Jude waren das am 15. September 1935 erlassene „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ und das „Reichsbürgergesetz“, die auch als „Nürnberger Gesetze“ bekannt sind. Die „Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. November 1935“ konkretisierte in §2 und §5 wer als „Jude“ oder „jüdischer Mischling“ im Sinne der nationalsozialistischen Gesetzgebung galt. . Wenn in den Akten der Begriff „Jude“/“Jüdin“ verwendet wird, handelt es sich um die nationalsozialistische Zuschreibung und nicht um die selbstgewählte und selbstdefinierte jüdische Identität oder konfessionelle Zugehörigkeit von Einzelpersonen.

Jüdinnen*Juden sind die größte Verfolgtengruppe in den Akten der Vermögensverwertungsstelle. Ca. 97 Prozent der Akten beziehen sich auf als Jüdinnen*Juden verfolgte Personen.

Vernichtung der Lebensgrundlage von Jüdinnen*Juden im Nationalsozialismus

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialist*innen begannen diese, die materiellen Lebensgrundlage der Jüdinnen*Juden in Deutschland systematisch zu zerstören. Zum einen wurden viele durch Berufsverbote ihrer Existenzgrundlage beraubt und zum anderen wurde die Verfügung über das eigene Vermögen stark beschränkt. Durch eine Vielzahl von Sondersteuern und Sonderabgaben, die Einziehung von Umzugsgütern und die systematische Aneignung der mobilen und immobilen Werte durch das Deutsche Reich wurde ihnen systematisch – sofern vorhanden –  das Vermögen und somit die materielle Lebensgrundlage entzogen.

In der Phase der Deportation der deutschen Jüdinnen*Juden konnten diese nicht einmal mehr über die in ihren Wohnungen befindlichen Gegenstände frei verfügen.

Gesetze und Verordnungen im Kontext der Ausplünderung der Deutschen Jüdinnen*Juden zwischen 1933 und 1945 durch die Reichsfinanzverwaltung

Die Reichsfinanzverwaltung konnte beim Zugriff auf das Vermögen von als Jüdinnen*Juden Verfolgten auf ein umfangreiches, ab 1933 eingeführtes rechtliches Instrumentarium zurückgreifen. Es zielte darauf ab, die staatsbürgerlichen Rechte abzuerkennen und sich damit auch gleich den Zugriff auf das Vermögen der Betroffenen zugunsten des Deutschen Reiches zu sichern.

‚Reichsfluchtsteuer‘

Die Reichsfluchtsteuer wurde bereits 1931 als Bestandteil der Brüningschen Devisengesetze erlassen und sollte die unkontrollierte Ausfuhr von Kapital aus Deutschland stoppen. Diese Steuer musste jeder, der aus Deutschland auswanderte, zahlen. Sie wurde auf Grundlage des steuerpflichtigen Vermögens errechnet. Ab 1933 stellte sie eines der wichtigsten Instrumente zur Ausplünderung von geflüchteten Jüdinnen*Juden und politischen Gegnern dar. Bei einer Auswanderung ohne Meldung an die Finanzbehörden machte sich der*die Betreffende strafbar. Mit der so entstandenen Steuerschuld konnte das gesamte Vermögen beschlagnahmt werden.

‚Judenvermögensabgabe‘/ ‚Sühneleistung‘

Nach den Novemberpogromen 1938 wurde den in Deutschland lebenden Jüdinnen*Juden die Erstattung der durch die Pogrome entstandenen Schäden auferlegt. Die „Verordnung einer Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit. Vom 12. November 1938.“ legte die zu erbringende Summe auf eine Milliarde Reichsmark fest. Die im April 1938 erfolgte Erhebung jüdischen Vermögens durch die „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden. Vom 26. April 1938.“ wurde dabei als Bemessungsgrundlage hinzugezogen.

Ein weiterer Nebeneffekt dieser Vermögenserhebung war, dass sie Finanzbehörden einen Überblick über das Vermögen der Jüdinnen*Juden in Deutschland verschaffte, was bei der Beschlagnahme von Devisen oder der Einziehung des verbliebenen Vermögens von Deportierten ihre Tätigkeit wesentlich vereinfachte. Die Judenvermögensabgabe wird im Behördenschriftverkehr meist mit „Juva“ abgekürzt.

Gesetz über die Einziehung kommunistischen Vermögens

Das Gesetz über die Einziehung kommunistischen Vermögens. Vom 26. Mai 1933 war ursprünglich dazu gedacht kommunistischen Organisationen und Einzelpersonen jegliches Vermögen, das „zur Förderung kommunistischer Bestrebungen gebraucht oder bestimmt“ war, einzuziehen. In Kombination mit weiteren gesetzlichen Bestimmungen diente das Gesetz aber vor allem auch dazu, auf das Vermögen von Jüdinnen*Juden sowie nichtjüdischer „Reichsfeinde“ zuzugreifen.

Gesetz über die Einziehung Volks- und Staatsfeindlichen Vermögens. Vom 14. Juli 1933

Das Gesetz über die Einziehung Volks- und Staatsfeindlichen Vermögens. Vom 14. Juli 1933 erweiterte das „Gesetz über die Einziehung kommunistischen Vermögens“ dahingehend, dass hier explizit auf das Vermögen der sozialdemokratischen Partei Bezug genommen wurde. Gleichzeitig wurde aber auch der Adressat*innen-Kreis dahingehend erweitert, dass die beiden Gesetze nun auf alle Sachen und Rechte, die „nach Feststellung des Reichsministers des Innern [für] volks- und staatsfeindlicher Bestrebungen gebraucht oder bestimmt sind“, angewendet werden sollten. Genauer wurden diese aber nicht definiert, sondern der Willkür der zuständigen NS-Ministerien überlassen.

Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit. Vom 26. Juli 1933

Das Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit. Vom 26. Juli 1933 erlaubte, Einbürgerungen rückgängig zu machen, die zwischen dem 9. November 1918 und dem 30.Januar 1933 vorgenommen wurden, falls eine Einbürgerung als „nicht erwünscht“ angesehen wurde. Personen, die sich im Ausland aufhielten, konnten ausgebürgert werden, wenn „sie durch ein Verhalten, das gegen die Pflicht zur Treue gegen Reich und Volk verstößt, die Deutschen Belange geschädigt haben“. Die Ausbürgerung und deren Begründung lagen vollständig in der Hand des Reichsministers des Innern im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Auswärtigen und konnte auch auf Familienangehörige erstreckt werden.

Die Ausbürgerungen wurden in der Regel im Reichsanzeiger veröffentlicht. Mit der Ausbürgerung konnte das Vermögen beschlagnahmt und als dem Reich verfallen erklärt werden. Das Gesetz richtete sich speziell gegen in der Zwischenkriegszeit eingewanderte Jüdinnen*Juden aus Osteuropa. Mit der fortschreitenden antisemitischen Verfolgungspolitik wurden die Bedingungen durch Verordnungen und Erlasse zu offen antisemitischen Werkzeugen des Vermögensentzugs. Letztendlich waren allein Steuervergehen von Jüdinnen*Juden bei der Auswanderung oder die „Zugehörigkeit zum Judentum“ im Sinne der Nürnberger Gesetze als Begründung zur Ausbürgerung ausreichend.

Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 25. November 1941

Die Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 25. November 1941 sollte das vom Reichsminister des Innern,  Reichsminister des Auswärtigen sowie der Reichsfinanzverwaltung etablierte Verfahren der Ausbürgerung und Einbehaltung des Vermögens von emigrierten und deportierten Jüdinnen*Juden vereinfachen. Eine Ausbürgerung im Einzelfall und Einziehung des Vermögens sollte damit obsolet werden. Bei einem „gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland“, wozu auch die Verschleppung in Konzentrations- und Vernichtungslager gezählt wurde, verloren Jüdinnen*Juden automatisch ihre deutsche Staatsangehörigkeit. Gleichzeitig galt nach dem Verlust der Staatsangehörigkeit das Vermögen der Betroffenen als dem Deutschen Reich „verfallen“.

Bewegliches Vermögen

Im „Runderlass: Verfügungsbeschränkung über das bewegliche Vermögen für Juden vom 27.11.1941“ wurde Jüdinnen*Juden untersagt weiterhin über ihr bewegliches Vermögen, wie Möbel und andere Einrichtungsgegenstände frei zu verfügen. Eine Weitergabe von Gegenständen an Bekannte oder Verwandte war genehmigungs- und anzeigepflichtig. (Runderlass in: Landesarchiv Berlin (LAB) A Rep. 093-03, Nr. 54682/266-270)

„Zwangsräume“ und Selbstorganisation

Zwangsräume: antisemitische Wohnungspolitik

Neben der sich beständig verschlechternden wirtschaftlichen Lage für Jüdinnen*Juden in Berlin zwischen während des Nationalsozialismus kam es insbesondere in der Berliner Stadtplanungs- und Wohnungspolitik zu immer größeren Einschnitten in das Lebens- und Wohnumfeld. Der Generalbauinspektor für Berlin, die sog. Speerbehörde, die Stadt Berlin und die „Vermögensverwertungsstelle“ waren maßgeblich an der Konzentration von Berliner Jüdinnen*Juden in Zwangswohngemeinschaften beteiligt. Dies hatte zur Folge, dass Jüdinnen*Juden gezwungen waren in beengten räumlichen Verhältnissen zu leben oder den Wohnort aufgrund behördlicher Räumungen mehrfach innerhalb kürzester Zeit zu wechseln.

Einen umfangreichen Überblick über die antisemitische Wohnungspolitik in Berlin gibt das Projekt „Zwangsräume“ des Aktiven Museum e.V.

Jüdische Selbsthilfe/Selbstorganisation

In den Akten der Vermögensverwertungsstelle finden sich immer wieder Dokumente, die in Zusammenhang mit den jüdischen Selbsthilfeorganisationen stehen, die in der Zeit des Nationalsozialismus existierten. Diese versuchten trotz der Instrumentalisierung und Kontrolle durch die Nationalsozialist*innen die soziale und wirtschaftliche Not der Berliner Jüdinnen*Juden zu lindern. So finden sich in den Akten der Vermögensverwertungsstelle Unterlagen der Wohnungsberatungsstelle der Jüdischen Gemeinde Berlin, die Wohnraum für die aus ihren Wohnungen geräumten Jüdinnen*Juden zu vermitteln versuchte. Oder der Hilfsverein der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, der Ausreisewillige bei ihren Auswanderungsbemühungen unterstützte. Beide versuchten immer wieder bei der Reichsfinanzverwaltung zugunsten Ihrer Mitglieder zu intervenieren.

Weitere Verfolgentgruppen

Politische Gegner*innen

Die Vermögensverwertungsstelle war auch für die Einziehung und Einbehaltung des Vermögens politischer Gegner*innen aus dem militärischen, kommunistischen und sozialistischen Widerstand zuständig. Hinzu kam seit dem 22. Oktober 1942 für die Verwertung des Vermögens von im Konzentrationslager verstorbenen polnischen, jüdischen und sowjetischen Häftlingen. Zu den Betroffenen wurden Akten mit dem gesonderten Aktenzeichen O 5205a geführt.

Umfassende Informationen zum Themenkomplex des Widerstands gegen den NS und politisch Verfolgte finden Sie auf der Homepage der Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Sintezza Romnia

Sintezza und Romnia wurden im Nationalsozialismus als „Zigeuner“ rassistisch verfolgt. Sie wurden aus Berufsorganisationen und Schulen und ausgeschlossen und in vielen Orten Deutschlands in kommunalen Zwangslagern inhaftiert. Unter anderem auch im Zwangslager in Berlin Marzahn. Im Nationalsozialismus bildete der Runderlass „Bekämpfung der Zigeunerplage“ vom 8. Dezember 1938 des Reichsführers SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichministerium des Innern die umfassende Grundlage für die Verfolgung von Sinti und Roma. Mithilfe „rassebiologischer“ Gutachten der „Rassenhygienischen Forschungsstelle“ in Berlin bemühte sich der Polizeiapparat alle im Deutschen Reich lebenden Sinti und Roma zu erfassen und zu klassifizieren.

Die meisten in Deutschland lebenden Sinti und Roma wurden im März 1943 in mehreren Transporten nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Auch nach 1945 waren die Überlebenden der Sinti und Roma antiziganistischer Verfolgung, Ausgrenzung und polizeilicher Überwachung ausgesetzt. Teilweise stützte man sich hierbei auf die Vorarbeit der NS-Behörden. Zudem waren Sinti und Roma lange nicht als im Nationalsozialismus verfolgte Gruppe anerkannt und eine Entschädigung wurde den Opfern und deren Nachkommen verwehrt.

Täter: Beteiligte Institutionen und Personengruppen

Stadt Berlin

Auch die Stadt Berlin war wesentlich an der Bereicherung an eingezogenem Vermögen von deportierten Jüdinnen*Juden beteiligt. Die Stadt Berlin übernahm zeitweise die Wohnungseinrichtungen deportierter Jüdinnen*Juden zu einem Pauschalpreis von der Vermögensverwertungsstelle. Sie war zudem umfassend in Kooperation mit dem „Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt“ an der Übernahme von zuvor von Jüdinnen*Juden bewohnten Wohnungen zum Zweck der kommunalen Wohnungsfürsorge beteiligt.

Gestapo

Die Gestapo war wesentlich in den Vorgang des Vermögensentzugs eingebunden. Sie beschlagnahmte das Vermögen Geflüchteter und Deportierter, versiegelte deren Wohnungen, war an der Versteigerung von Umzugsgut in den Freihäfen beteiligt, wirkte auf die Ausbürgerung geflüchteter hin und war an zentraler Stelle in die Organisation und Durchführung der Deportationstransporte eingebunden.

Die von der Gestapo erstellten Deportationslisten sind heute als Digitalisate bei den Arolsen Archives einsehbar. Einen Überblick über die Geschichte und Funktion der Gestapo finden Sie im Onlineangebot des Deutschen Historischen Museums.

Spediteure

Das ursprünglich zur Ausfuhr aus dem Deutschen Reich bestimmte Umzugsgut lagerte oftmals in Speditionen, bevor es die Gestapo dort beschlagnahmte. Offenes Lagergeld sowie die Transporte von der Spedition zu bspw. Versteigerungsräumen stellten die Spediteure den Finanzbehörden in Rechnung. Die entstandenen Kosten wurden aus dem eingezogenen Vermögen der verfolgten Personen beglichen. Außerdem meldeten sich die Spediteure aktiv bei der Vermögensverwertungsstelle, wenn sie nach §7 der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz „[…]zu dem verfallenen Vermögen gehörige Sachen im Besitz haben […]“ und machten so die Finanzbehörden auf das Umzugsgut aufmerksam.

Sachverständige

Vor der Veräußerung des beschlagnahmten mobilen Vermögens wurden, je nachdem welche Objekte vorhanden waren, verschiedene Sachverstände (Kunst, Bücher, Teppich, Schmuck usw.) hinzugezogen. Sie begutachteten zum einen alle zur Versteigerung bestimmten Objekte und stellten damit sicher, dass keine Objekte wie beispielsweise „hochwertiges Kulturgut“ öffentlich veräußert wurden. Zum anderen bestimmten sie in einigen Fällen vor Verkauf die Preise der Gegenstände und schlugen auch geeignete Ankaufstellen vor. Die Kosten für ihre Gutachten wurden aus dem eingezogenen Vermögen der verfolgten Personen beglichen.

Auktionshäuser und Versteigerer

Das beschlagnahmte mobile Vermögen wurde zu großen Teilen auf Auktionen veräußert. Neben dem durch die Vermögensverwertungsstelle selbst durchgeführten Versteigerungen gab es eine Reihe von nichtstaatlichen Auktionshäusern und Versteigerern, die die Finanzbehörde gesondert beauftragte. Die von ihnen erhobene Versteigerungsgebühr (meist zehn Prozent des Gesamterlöses) wurde aus dem eingezogenen Vermögen der verfolgten Personen beglichen.

Materielle Entschädigung für die Verfolgung

Die Akten der Vermögensverwertungsstelle verweisen in vielen Fällen auf die Bemühungen der Opfer nationalsozialistischer Verfolgung zumindest materielle Entschädigung für das erlittene Unrecht im Rahmen der „Entschädigung“ oder „Wiedergutmachung“ im Rahmen der bundesrepublikanischen Gesetzgebung zu erhalten. Die Akten zu „Wiedergutmachungsverfahren“ in Berlin finden Sie heute im Landesarchiv Berlin. Die Unterlagen zu den „Entschädigungsverfahren“ befinden sich heute noch bei dem heute dafür zuständigen Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) der Stadt Berlin.