Blick in die Akten

Ludwig Chodziesner (1861–1943) und Gertrud Kolmar (1894–1943)

Der 1942 bereits pensionierte Rechtsanwalt und Notar Ludwig Chodziesner bewohnte seit 21. Januar 1939 zusammen mit seiner Tochter, der Lyrikerin Gertrud Käthe Chodziesner (Gertrud Kolmar) und fünf weiteren jüdischen Untermieter*innen eine Zwangswohnung für Berliner Jüdinnen*Juden in der Speyerer Straße 10. Die Chodziesners hatten zuvor Ende 1938 ihr Haus am Finkenkrug verkaufen müssen.

Während die Kinder Margot und Georg Chodziesner nach Australien und die Tochter Hilde in die Schweiz flüchten konnten, wurde Ludwig Chodziesner mit dem „60. Alterstransport“ am 09. September 1942 nach Theresienstadt deportiert. Aus seiner Vermögenserklärung geht hervor, dass Gertrud Chodziesner von der Deportation vorerst ausgenommen wurde, da der Betrieb für den sie seit 1941 Zwangsarbeit leistete, sie als kriegswichtige Arbeiterin „reklamierte“.

Die Vermögensverwertungsstelle griff sofort auf die noch vorhandenen kleinen Ersparnisse Ludwig Chodziesners und ein ihm noch verbliebenem Grundstück zu.  Die Wohnungseinrichtung blieb vorerst noch im Besitz von Gertrud Chodziesner, die fortan als neue Hauptmieterin eingesetzt war. Die in der Wohnung verbliebenen und neu hinzugekommene Untermieter*innen sowie auch Gertrud Chodziesner wurden bis Mai 1943 ebenfalls in verschiedene Ghettos und Vernichtungslager verschleppt und dort ermordet.

Zu der Akte Rep. 36A OFP (II) Nr. 5778, Ludwig Chodziesner