Die Landesgründung in Dokumenten #09

Überlastung bei der Regelung offener Vermögensfragen

Am 23. September 1990 trat das „Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz)“ in Kraft. Die „offenen Vermögensfragen“ waren eine der zentralen Aufgaben im wiedervereinigten Deutschland. Ungeklärte Vermögensangelegenheiten haben ihren Ursprung in der Zeit des Nationalsozialismus sowie der Teilung Deutschlands und gehen auf Enteignung von Privateigentum und Vertreibung von Eigentümer*innen zurück. Um diese vollkommen neue Verwaltungsaufgabe umzusetzen, wurden 1991 in den ostdeutschen Bundesländern je ein Landesamt und auf Kreisebene Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen errichtet. Aufgabe dieser Behörden war es, diese „offenen Vermögensfragen“ durch Rückübertragung oder Entschädigung zu beseitigen.

Die Ämter bearbeiteten Anträge nach dem Vermögensgesetz sowie dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz. Das Landesamt war zuständig für unternehmensbezogene Ansprüche, sämtliche Widerspruchsangelegenheiten der Ämter und übte außerdem die Fachaufsicht über die Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen gemeinsam mit dem Ministerium der Finanzen aus.


Die große Anzahl der Anträge und Widersprüche gegen die ergangenen Bescheide überflutete Ämter und Landesamt und führte zu zahlreichen Untätigkeitsklagen sowie Beschwerden von Antragssteller*innen.

Um einen Überblick über die Arbeitsbedingungen und Erledigungsständen in den Ämtern zu erhalten, führten Mitarbeiter*innen der Fachaufsicht Gespräche vor Ort. Protokolle dieser Fachaufsichtsbesuche zeigen zeittypische Problemstellungen, z. B. in Bezug auf die Personalsituation, die räumliche Ausstattung, aber auch die mangelnde Erfahrung im Umgang mit der neuen Gesetzgebung (Vermögensgesetz von 1990, Entschädigungsgesetz von 1994, Ausgleichsleistungsgesetz von 1994) auf.


Nach und nach wurden die Anträge abgearbeitet und die Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen bis 2007 endgültig geschlossen.


Lediglich der Landkreis Oder-Spree unterhält auch heute noch eine Stelle zur Abwicklung offener Vermögensfragen. 2016 wurde das Landesamt ebenfalls geschlossen. Seine Aufgaben gingen auf das Finanzministerium des Landes Brandenburg über und werden seither dort wahrgenommen.

Archivfakt
Wegen der vermögensrechtlichen Bedeutung der Akten des Landesamts legte der damalige Staatssekretär des Finanzministeriums des Landes Brandenburg bereits im Jahr 1995 eine Aufbewahrungsfrist der Antragsunterlagen zur Rückübertragung oder Entschädigung bis zum Jahr 2050 fest. Erst ab 2051 dürfen diese Unterlagen dann durch die Verwaltung dem Landeshauptarchiv zur Beurteilung der Archivwürdigkeit angeboten werden. Diese Festlegung gilt allerdings nicht für die Akten zu Organisation, Personal, Haushalt und Fachaufsicht aus dem Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen. Diese wurden dem Landeshauptarchiv bereits angeboten und teilweise in den Bestand Rep. 2150 Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen des Landeshauptarchivs übernommen.

Zu den Beständen

BLHA, Rep. 2100 Ministerium der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg

BLHA, Rep. 2150 Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (Bestand)

Weiterführende Informationen

Ministerium der Finanzen und für Europa: Offene Vermögensfragen.

Landkreis Oder-Spree: Stelle zur Abwicklung der offenen Vermögensfragen.

Steffen Kober, Rosemarie Posselt, Sabine Stropp, Der Umgang mit Unterlagen der aufgelösten Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen. Berichte der ARoV-Arbeitsgruppe in Brandenburg, in: Archivberatung und -pflege der Landesfachstelle für Archive und öffentliche Bibliotheken im Brandenburgischen Landeshauptarchiv, 2008, S. 147–164.

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