Ein Gemälde-Fund in Israel

Ölbild mit Obstschale, Vögeln und Hummer

Die Provenienzforscherinnen im OFP-Projekt haben 2022 im Israel Museum Jerusalem ein Gemälde von Ludwig Adam Kunz ausfindig machen können, das aus dem ehemaligen Besitz von Paul Jakob Eisner (1886–1965) stammt. Das „Stillleben mit Hummern und Geflügel“ gilt als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut.  


Das Gemälde war 1939 zusammen mit anderen Kunst- und Kulturgütern aus dem Besitz Paul Jakob Eisner (1886–1965) von der Gestapo beschlagnahmt worden. Es wurde 1941 von dem Berliner Kunstauktionator Hans W. Lange im Auftrag des Finanzamtes Moabit-West versteigert und gelangte über die Münchner Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich in Hitlers Linzer Sammlung. Nach dem Krieg wurde das Stillleben von den Alliierten beschlagnahmt und kam als „herrenloses Gut“ über die Jewish Restitution Successor Organization (JRSO) nach Israel, weil es damals unmöglich war, Hinweise auf einen früheren Besitzer zu finden.

Beschlagnahme und „Verwertung“ durch das sogenannte Führermuseum Linz

Paul Jacob Eisner war Generaldirektor der Hahnschen Werke Aktiengesellschaft, die während der NS-Zeit vom Mannesmann-Konzern arisiert wurde. Eisner verlor seine Tätigkeit, der nationalsozialistische Staat hatte ihm seine Existenzgrundlage entzogen.

Paul Jacob Eisnerauf einer Terrasse sitzend
Porträt Paul Jacob Eisner, ohne Ort, ca. 1925; Jüdisches Museum Berlin, Inv.-Nr. 2016/441/69, Schenkung von Carol und Sandra Sabersky, Töchter von Rolf H. Sabersky

Eisner floh 1937 vor den antijüdischen Repressalien von Berlin nach Prag. Er musste seinen gesamten Besitz zurücklassen, darunter seine Kunstsammlung. Als Hitlers Wehrmacht am 15. März 1939 in die Tschechoslowakei einmarschierte und Prag besetzte, war es ihm nicht mehr möglich, von einer Geschäftsreise aus Frankreich nach Prag zurückzukehren. Er floh 1940 weiter nach Argentinien. Zuletzt lebte er in Vaduz/Liechtenstein und starb 1965 in der Schweiz. Er hatte seine Schwester Berta Sabersky, geb. Eisner testamentarisch als Alleinerbin eingesetzt.

Im Juni 1940 hatte ihm Deutschland die Staatsbürgerschaft entzogen – auf Grundlage der nationalsozialistischen Verordnungen verfiel sein Vermögen dadurch an den Staat. Für die Verwaltung und Verwertung war zunächst das Finanzamt Moabit-West zuständig. Ab Ende 1941 übernahm dann die Vermögensverwertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg die weitere Bearbeitung des Falles. Im Brandenburgischen Landeshauptarchiv ist eine vierbändige Akte zur Verwertung des Eisnerschen Besitzes überliefert.

Verwertung des konfiszierten Umzugsgutes durch die Nazis

Unter dem beschlagnahmten „Umzugsgut“ von Paul Jakob Eisner, das bei der Spedition Knauer lagerte, befanden sich unter anderem vier Gemälde, die im am 19. Mai 1941 im Auktionshaus Hans W. Lange versteigert wurden – darunter das Stillleben von Ludwig Adam Kunz, das unter Losnummer 37 angeboten wurde. Die Münchner Kunsthändlerin Maria Almas-Dietrich, die regelmäßig Kunstobjekte aus beschlagnahmtem jüdischem Eigentum für Hitler erwarb, ersteigerte das Gemälde und lieferte es in Hitlers Sammlung für das geplante Führermuseum Linz ein.

Auffinden des Gemäldes und der Erben

Das Israel Museum in Jerusalem, in dessen Besitz sich das Stillleben heute befindet, hat das Gemälde in der LostArt-Datenbank unter der ID 572593 als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut gemeldet.

Die aktive Suche nach Erben ist nicht Teil des OFP-Projektes. Wenn die Erben jedoch ohne großen Aufwand ermittelt werden können, sieht das Projekt vor, ihnen die Forschungsergebnisse zur Verfügung zu stellen. Durch die Unterstützung der Commission for Looted Art in Europe war es der Provenienzforscherinnen am OFP-Projekt möglich, die Erben zu informieren. Wir bedanken uns herzlich bei Anne Webber für die Unterstützung!