Women‘s History Month: Regina Jonas
- Erschienen amAnlässlich des Women’s History Month im März stellt das OFP-Projekt die Biografie der ersten ordinierten Rabbinerin vor: Regina Jonas. Ein Teil ihrer Geschichte findet sich auch in einer Akte des Bestandes Rep. 36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) wieder.
Regina Jonas, die erste Rabbinerin
Am 26. Dezember 1935 wurde in Berlin mit Regina Jonas erstmals eine Frau für ein Rabbinat ordiniert. Die Kaufmannstochter Regine Jonas, geboren am 3. August 1902 in Berlin, entwickelte früh den Wunsch nach einer religiösen Bestimmung. Mit dem Ziel Rabbinerin zu werden, studierte sie in den 1920er Jahren an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums. Zwar waren Frauen an der liberalen Hochschule zugelassen, die Ordination einer Frau zum Rabbinat war jedoch noch undenkbar. Ihre Abschlussarbeit „Kann die Frau das rabbinische Amt bekleiden?“ und eine mündliche Prüfung 1930 u. a. bei Leo Baeck, ermöglichten ihr zunächst nur eine Beschäftigung als Religionslehrerin.
Fünf Jahre später erfolgte schließlich die Ordination durch den liberalen Rabbiner Max Dienemann.
In einer ausschließlich Männern vorbehaltenen Domäne wurde ihr die Ausübung des Rabbinats dennoch verwehrt. Somit übernahm sie die Aufgaben einer religiösen Seelsorge, unterrichtete weiter und führte religiöse Feierlichkeiten in Räumen der Neuen Synagoge Berlin durch – nach Augenzeugenberichten in Talar. Daneben setzte sie sich aktiv in jüdischen Frauenvereinigungen wie dem Jüdischen Frauenbund oder der Women’s International Zionist Organisation ein.
Zwangsarbeit und Deportation
Erst mit den zunehmenden Ausreisen von Rabbinern ab November 1938 und den ersten Deportationen wurde Regina Jonas von den Gemeinden als Predigerin und Seelsorgerin beauftragt. Auch sie dachte an eine Emigration nach Palästina, was ein Brief an Martin Buber belegt. Bevor sie am 6. November 1942 zusammen mit ihrer Mutter in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurde, musste sie in Berlin-Lichtenberg Zwangsarbeit leisten. In Theresienstadt beteiligte sie sich an Seelsorge und psychologischer Unterstützung der Häftlinge und hielt zahlreiche Predigten. Am 12. Oktober 1944 wurde sie in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau verschleppt, wo sie sofort oder kurz nach der Ankunft ermordet wurde.
Regina Jonas in den Akten des Oberfinanzpräsidenten
Im Bestand der Vermögensverwertungsstelle Rep. 36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) befindet sich eine Akte, die zu Regina Jonas Mutter Sara, geb. Heß, geführt wurde. Darin ist auch die Vermögenserklärung von Regina Jonas zu finden, eigenhändig ausgefüllt und unterschrieben – eines ihrer letzten schriftlichen Zeugnisse. Dass sie unter der Kategorie Beruf „Rabbinerin“ angab, ist eine bemerkenswerte Betonung ihres Selbstverständnisses: Zeitgenossen betitelten sie oft spöttisch als „Fräulein Rabbiner Jonas“. Die weibliche Form des Rabbiners gab es zu diesem Zeitpunkt nicht.
Die Vermögenserklärung zeugt von den wenigen Besitztümern, die ihr noch geblieben waren, insbesondere „diverse“ Bücher.
Späte Würdigung
Erst 1972 wurde in den USA die nächste Frau zur Rabbinerin ernannt, in Deutschland im Jahr 2010. Nachdem Regina Jonas nach dem Krieg in Vergessenheit geriet, entdeckte Katharina von Kellenbach nach dem Mauerfall Zeugnisse zu ihr in Ost-Berliner Archiven wieder. Mit der kommentierten Veröffentlichung der Abschlussarbeit von Regina Jonas 1999 würdigte die Rabbinerin Elisa Klapheck ihre Vorgängerin. Klapheck war 1998 eine der Mitbegründerinnen von Bet Debora, einem jüdisch-feministischen Netzwerk.
Regina Jonas schlussfolgerte in ihrer Arbeit, es gäbe „außer Vorurteil und Ungewohntsein fast nichts“, was gegen eine Frau als Rabbinerin spräche.
Quellen und Literatur
- Klapheck, Elisa: Regina Jonas. Die weltweit erste Rabbinerin. In: Centrum Judaicum (Hg.): Jüdische Miniaturen, Band 4, Berlin, 2003.
- Klapheck, Elisa (Hg.); Jonas, Regina: Fräulein Rabbiner Jonas. Kann die Frau das rabbinische Amt bekleiden? Berlin, 1999.
- Geschichte | bet-debora.net
- Jonas, Regina, Regina Jonas, Rabbinerin, 1938, סימול ARC. Ms. Var. 350 008 339b, Martin Buber Archive, Regina Jonas, Rabbinerin | item NNL_ARCHIVE_AL990030240290205171 | The National Library of Israel (nli.org.il). URL: https://www.nli.org.il/en/archives/NNL_ARCHIVE_AL990030240290205171/NLI