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1990 – Ein Superwahljahr auf unbekanntem Terrain

Superwahljahre sind Jahre, in denen besonders viele Wahlen stattfinden. Zweifellos konnte für die Brandenburger das Jahr 1990 als ein Superwahljahr gelten. Zunächst wurde mit der Volkskammerwahl der DDR am 18. März 1990 die erste durch eine freie und geheime Wahl legitimierte Volkskammer konstituiert. Am 6. Mai 1990 führten die einzigen freien Kommunalwahlen der DDR dazu, dass auch in die Kommunalparlamente frei gewählte Volksvertreter*innen einzogen. Nach der Wiedervereinigung und der Neugründung der Länder stimmten die Bürger*innen des Landes Brandenburg am 14. Oktober 1990 über die neue Landesregierung ab. Schließlich folgte am 12. Dezember 1990 mit der Bundestagswahl die erste gemeinsame Wahl für die wiedervereinigte Bundesrepublik Deutschland.

Seit 1950, als die ersten Volkskammer-, Landtags- und Kommunalwahlen der DDR stattfanden, stimmten die Bürger über Einheitslisten der Nationalen Front ab. In diesen wurden alle zu wählenden Kandidaten der SED, der Blockparteien und ausgewählter Massenorganisationen in einem Wahlvorschlag zusammengefasst. Die Anzahl der Abgeordneten je Fraktion war vorher nach einem bestimmten Schlüssel festgelegt worden, mit dem sich die SED immer die Mehrheit sichern konnte. Die Zustimmung zur Einheitsliste erfolgte durch Einwurf des unmarkierten Stimmzettels in die Wahlurne, am besten für jeden sichtbar durch offene Stimmabgabe (im Volksmund „Zettelfalten“ genannt). Zur Ablehnung eines oder mehrerer Kandidaten musste der Stimmzettel entsprechend markiert werden; dafür bot sich die Nutzung der Wahlkabine an. Durch deren Verwendung oder gar durch das Fernbleiben von der Wahl machte man sich als potenzieller Systemgegner verdächtig.

Superwahljahre sind Jahre, in denen besonders viele Wahlen stattfinden. Zweifellos konnte für die Brandenburger das Jahr 1990 als ein Superwahljahr gelten. Zunächst wurde mit der Volkskammerwahl der DDR am 18. März 1990 die erste durch eine freie und geheime Wahl legitimierte Volkskammer konstituiert. Am 6. Mai 1990 führten die einzigen freien Kommunalwahlen der DDR dazu, dass auch in die Kommunalparlamente frei gewählte Volksvertreter*innen einzogen. Nach der Wiedervereinigung und der Neugründung der Länder stimmten die Bürger*innen des Landes Brandenburg am 14. Oktober 1990 über die neue Landesregierung ab. Schließlich folgte am 12. Dezember 1990 mit der Bundestagswahl die erste gemeinsame Wahl für die wiedervereinigte Bundesrepublik Deutschland.

Seit 1950, als die ersten Volkskammer-, Landtags- und Kommunalwahlen der DDR stattfanden, stimmten die Bürger über Einheitslisten der Nationalen Front ab. In diesen wurden alle zu wählenden Kandidaten der SED, der Blockparteien und ausgewählter Massenorganisationen in einem Wahlvorschlag zusammengefasst. Die Anzahl der Abgeordneten je Fraktion war vorher nach einem bestimmten Schlüssel festgelegt worden, mit dem sich die SED immer die Mehrheit sichern konnte. Die Zustimmung zur Einheitsliste erfolgte durch Einwurf des unmarkierten Stimmzettels in die Wahlurne, am besten für jeden sichtbar durch offene Stimmabgabe (im Volksmund „Zettelfalten“ genannt). Zur Ablehnung eines oder mehrerer Kandidaten musste der Stimmzettel entsprechend markiert werden; dafür bot sich die Nutzung der Wahlkabine an. Durch deren Verwendung oder gar durch das Fernbleiben von der Wahl machte man sich als potenzieller Systemgegner verdächtig.

Schreiben der Bezirkswahlkommission Cottbus vom 23. April 1990 an den Bürgermeister von Briesen, Herrn Tanz, bezüglich Überprüfung der Kandidaten zur Kommunalwahl am 6. Mai 1990 auf ihre Mitarbeit bei der Staatssicherheit. Laut Wahlgesetz zur Volkskammerwahl 1990 waren nur Parteien und politische Vereinigungen von der Wahl ausgeschlossen, die faschistische, militaristische, antihumanistische Ziele verfolgten, Glaubens-, Rassen- und Völkerhass bekundeten und verbreiteten, die Personen oder Gruppen auf Grund ihrer Nationalität, politischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer körperlichen und geistigen Behinderung diskriminierten oder die ihre Ziele mit Gewalt oder Androhung von Gewalt durchsetzen wollten.

Schreiben der Bezirkswahlkommission Cottbus vom 23. April 1990 an den Bürgermeister von Briesen, Herrn Tanz, bezüglich Überprüfung der Kandidaten zur Kommunalwahl am 6. Mai 1990 auf ihre Mitarbeit bei der Staatssicherheit. Laut Wahlgesetz zur Volkskammerwahl 1990 waren nur Parteien und politische Vereinigungen von der Wahl ausgeschlossen, die faschistische, militaristische, antihumanistische Ziele verfolgten, Glaubens-, Rassen- und Völkerhass bekundeten und verbreiteten, die Personen oder Gruppen auf Grund ihrer Nationalität, politischen Zugehörigkeit, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer körperlichen und geistigen Behinderung diskriminierten oder die ihre Ziele mit Gewalt oder Androhung von Gewalt durchsetzen wollten.

Schreiben der Bezirkswahlkommission Cottbus vom 23. April 1990 über die Prämierung des VEB Tastomat Eggersdorf mit einer Kollektivprämie für die Herstellung der Stimmzettel zu den Kommunalwahlen am 6. Mai 1990. „Vorwärts“ in die neue Zeit. In einer Übergangsphase werden noch DDR-typische Gepflogenheiten und Begrifflichkeiten benutzt. Die „Kollektivprämien“ waren in der DDR ein übliches Mittel zur Stimulierung oder Anerkennung besonderer Leistungen.

Schreiben der Bezirkswahlkommission Cottbus vom 23. April 1990 über die Prämierung des VEB Tastomat Eggersdorf mit einer Kollektivprämie für die Herstellung der Stimmzettel zu den Kommunalwahlen am 6. Mai 1990. „Vorwärts“ in die neue Zeit. In einer Übergangsphase werden noch DDR-typische Gepflogenheiten und Begrifflichkeiten benutzt. Die „Kollektivprämien“ waren in der DDR ein übliches Mittel zur Stimulierung oder Anerkennung besonderer Leistungen.

Aktennotiz vom 10. Mai 1990 über Entscheidungen der Wahlkommissionen in Gemeinden des Kreises Strausberg bei den Kommunalwahlen am 6. Mai 1990

Aktennotiz vom 10. Mai 1990 über Entscheidungen der Wahlkommissionen in Gemeinden des Kreises Strausberg bei den Kommunalwahlen am 6. Mai 1990

Muster eines Stimmzettels zur Wahl der Volkskammer der DDR am 18. März 1990, Wahlkreis 12: Zugelassen zur Volkskammerwahl 1990 waren Parteien, politische Vereinigungen und Listenverbindungen. Die DDR-Bürger mussten sich erstmals mit den unterschiedlichen Zielen und Wahlprogrammen der Parteien und politischen Vereinigungen beschäftigen.

Muster eines Stimmzettels zur Wahl der Volkskammer der DDR am 18. März 1990, Wahlkreis 12: Zugelassen zur Volkskammerwahl 1990 waren Parteien, politische Vereinigungen und Listenverbindungen. Die DDR-Bürger mussten sich erstmals mit den unterschiedlichen Zielen und Wahlprogrammen der Parteien und politischen Vereinigungen beschäftigen.

Pressemitteilung der Wahlkreiskommission 12 (Potsdam) vom 13. März 1990 zur Information über die bei der Wahl zur Volkskammer der DDR am 18. März 1990 einzuhaltenden Vorschriften und Modalitäten.

Pressemitteilung der Wahlkreiskommission 12 (Potsdam) vom 13. März 1990 zur Information über die bei der Wahl zur Volkskammer der DDR am 18. März 1990 einzuhaltenden Vorschriften und Modalitäten.

Anstelle des „Zettelfaltens“ trat erstmals eine Wahlkabinenpflicht. Der Stimmzettel musste aktiv gekennzeichnet und nicht wie bis dahin üblich, als Zeichen der Zustimmung unverändert in die Wahlurne eingeworfen werden.

Anstelle des „Zettelfaltens“ trat erstmals eine Wahlkabinenpflicht. Der Stimmzettel musste aktiv gekennzeichnet und nicht wie bis dahin üblich, als Zeichen der Zustimmung unverändert in die Wahlurne eingeworfen werden.

Anmerkung von Hartmut Mechtel, Mitglied der Wahlkreiskommission 12 zu aufgetretenen Problemen bei der Wahl zur Volkskammer der DDR am 18. März 1990 im Kreis Rathenow: In dieser Akte sind mehrere Beschwerden und Einsprüche von Wahlberechtigten überliefert, die keine Wahlbenachrichtigungskarte erhalten hatten und /oder nicht im Wählerverzeichnis eingetragen waren. In ca. 100 Fällen im Wahlkreis 12 sollen Wählerverzeichnisse unrichtige oder unvollständige Daten enthalten haben, was dazu führte, dass angeblich Verstorbene oder Verzogene im Wahllokal erschienen. Von den Wahlberechtigten wurde Absicht unterstellt und von Wahlfälschung gesprochen.

Anmerkung von Hartmut Mechtel, Mitglied der Wahlkreiskommission 12 zu aufgetretenen Problemen bei der Wahl zur Volkskammer der DDR am 18. März 1990 im Kreis Rathenow: In dieser Akte sind mehrere Beschwerden und Einsprüche von Wahlberechtigten überliefert, die keine Wahlbenachrichtigungskarte erhalten hatten und /oder nicht im Wählerverzeichnis eingetragen waren. In ca. 100 Fällen im Wahlkreis 12 sollen Wählerverzeichnisse unrichtige oder unvollständige Daten enthalten haben, was dazu führte, dass angeblich Verstorbene oder Verzogene im Wahllokal erschienen. Von den Wahlberechtigten wurde Absicht unterstellt und von Wahlfälschung gesprochen.

In Ostdeutschland fehlte 1990 die Erfahrung, wie freie Wahlen abgehalten werden. Insofern war das Superwahljahr zugleich ein Lernprozess. Erstmals hatten die Bürger die Wahl zwischen Parteien mit unterschiedlichen Zielen und Parteiprogrammen. Sie mussten herausfinden, wie freie Wahlen funktionieren, wie sie organisiert werden können, wie Wahlkampf betrieben wird und welche Verhaltensregeln beim Urnengang zu beachten sind. Alle diese unterschiedlichen Aspekte spiegeln sich in den Unterlagen der Wahlkommissionen wider, von deren Tätigkeit hier einige Beispieldokumente vorgestellt werden.

In Ostdeutschland fehlte 1990 die Erfahrung, wie freie Wahlen abgehalten werden. Insofern war das Superwahljahr zugleich ein Lernprozess. Erstmals hatten die Bürger die Wahl zwischen Parteien mit unterschiedlichen Zielen und Parteiprogrammen. Sie mussten herausfinden, wie freie Wahlen funktionieren, wie sie organisiert werden können, wie Wahlkampf betrieben wird und welche Verhaltensregeln beim Urnengang zu beachten sind. Alle diese unterschiedlichen Aspekte spiegeln sich in den Unterlagen der Wahlkommissionen wider, von deren Tätigkeit hier einige Beispieldokumente vorgestellt werden.


Auszug aus der Landesliste der Listenvereinigung „Bündnis 90“ für die Wahl zum Landtag des Landes Brandenburg am 4. September 1990: Die Streichungen und Änderungen auf der Wahlliste erfolgten durch Mitglieder der Landeswahlkommission. Das war erforderlich, wenn Zustimmungserklärungen der Kandidaten fehlten, oder wenn es unterschiedliche Schreibweisen bzw. fehlende Angaben auf der Zustimmungserklärung und in der Landesliste gab.

Auszug aus der Landesliste der Listenvereinigung „Bündnis 90“ für die Wahl zum Landtag des Landes Brandenburg am 4. September 1990: Die Streichungen und Änderungen auf der Wahlliste erfolgten durch Mitglieder der Landeswahlkommission. Das war erforderlich, wenn Zustimmungserklärungen der Kandidaten fehlten, oder wenn es unterschiedliche Schreibweisen bzw. fehlende Angaben auf der Zustimmungserklärung und in der Landesliste gab.

Schreiben des Stellvertretenden Landeswahlleiters an das Ministerium für Innere Angelegenheiten der DDR vom 21. September 1990 zur Ablehnung von wahlvorbereitenden Maßnahmen in der Gemeinde Staaken. Am 24. September 1990 erfolgte ein Beschluss des Präsidiums der Volkskammer, dass das Gebiet der Gemeindeverwaltung Staaken aus dem Wahlkreis 9 des Landes Brandenburg ausgegliedert wird.

Schreiben des Stellvertretenden Landeswahlleiters an das Ministerium für Innere Angelegenheiten der DDR vom 21. September 1990 zur Ablehnung von wahlvorbereitenden Maßnahmen in der Gemeinde Staaken. Am 24. September 1990 erfolgte ein Beschluss des Präsidiums der Volkskammer, dass das Gebiet der Gemeindeverwaltung Staaken aus dem Wahlkreis 9 des Landes Brandenburg ausgegliedert wird.

Vorläufiges Ergebnis der Landtagswahlen Brandenburg am 14. Oktober 1990: Das endgültige Landtagswahlergebnis Brandenburg wurde am 18.Oktober 1990 bekannt gegeben. Neben geringfügigen Abweichungen bei den gültigen und ungültigen Stimmabgaben fällt darin auf, dass nun 11532 Wahlberechtigte mehr angegeben sind als beim vorläufigen Ergebnis. Die Wahlbeteiligung musste somit auf 67,10 Prozent korrigiert werden.

Vorläufiges Ergebnis der Landtagswahlen Brandenburg am 14. Oktober 1990: Das endgültige Landtagswahlergebnis Brandenburg wurde am 18.Oktober 1990 bekannt gegeben. Neben geringfügigen Abweichungen bei den gültigen und ungültigen Stimmabgaben fällt darin auf, dass nun 11532 Wahlberechtigte mehr angegeben sind als beim vorläufigen Ergebnis. Die Wahlbeteiligung musste somit auf 67,10 Prozent korrigiert werden.

Archivfakt
Wahlen waren in der DDR ein wichtiges Thema. So finden sich Unterlagen zur Vorbereitung und Durchführung der Wahlen in unterschiedlichen Bestandsgruppen des Landeshauptarchivs. Dazu gehören die Unterlagen der Nationalen Front und der teilnehmenden Parteien und Massenorganisationen (z. B. SED, FDGB), die Überlieferung der Räte der Bezirke, die für die Organisation der Wahlen auf Bezirksebene zuständig waren, sowie die Bestände der Polizei, die für die Sicherung der Wahlen verantwortlich war.
Archivfakt
Wahlen waren in der DDR ein wichtiges Thema. So finden sich Unterlagen zur Vorbereitung und Durchführung der Wahlen in unterschiedlichen Bestandsgruppen des Landeshauptarchivs. Dazu gehören die Unterlagen der Nationalen Front und der teilnehmenden Parteien und Massenorganisationen (z. B. SED, FDGB), die Überlieferung der Räte der Bezirke, die für die Organisation der Wahlen auf Bezirksebene zuständig waren, sowie die Bestände der Polizei, die für die Sicherung der Wahlen verantwortlich war.

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