Die Landesgründung in Dokumenten #06

Arbeitswelten im Umbruch – Ein Sozialplan für die Gubener Hüte GmbH


Die Planwirtschaft der DDR hatte dem traditionsreichen Hutmacherhandwerk der Stadt Guben eine prominente Schlüsselrolle für die landesweite Produktion zuerkannt. Nachdem die 1822 gegründete Hutfabrik C. G. Wilke 1948 enteignet und in den VEB Werthut Werk umgewandelt worden war, wurden 1952 die verbliebenen Hutfabriken der DDR in den VEB Vereinigte Hutwerke Guben mit ca. 1.200 Beschäftigten zusammengefasst. Ab dem 1. Januar 1970 wurde die gesamte Hutfabrikation der DDR durch den VEB Hutkombinat Guben gesteuert.

Die Wiedervereinigung und die damit einhergehenden Privatisierungen überlebte die Gubener Hutfabrikation nicht. 1990 wurde der VEB in die Gubener Hüte GmbH umgewandelt. Die Zahl der Mitarbeiter*innen sank rapide: 1990 arbeiteten im VEB nur noch 600 Personen. Bis 1992 sank die Zahl der Beschäftigten auf 70. Zum Zeitpunkt der Schließung im Jahr 1999 waren es noch zehn.

Die Verfassung der DDR garantierte allen DDR-Bürger*innen in Artikel 24 ein Recht auf Arbeit, das durch weitere Gesetzeswerke wie dem sogenannten Arbeitsgesetzbuch von 1977 umgesetzt wurde. Ein solches Recht ist im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland nicht vorgesehen. Nahezu symbolisch für den nach der Wiedervereinigung einsetzenden Stellenabbau war der sogenannte Sozialplan. Er sollte laut § 2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) die wirtschaftlichen Nachteile mildern oder ausgleichen, die den Arbeitnehmer*innen infolge des Stellenverlusts entstehen. Bei jeder geplanten Betriebsänderung war ein Sozialplan im Rahmen einer Betriebsvereinbarung abzuschließen.

Die zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat der Gubener Hüte GmbH ausgehandelten Sozialpläne dokumentieren eine für die Beschäftigten in Brandenburg bisher unbekannte berufliche Unsicherheit sowie den umfangreichen Stellenabbau ab 1990.


Archivfakt
Das damalige Staatsarchiv Potsdam (heute Brandenburgisches Landeshauptarchiv) war entsprechend seiner regionalen Zuständigkeit auch zuständig für die Unterlagen der volkseigenen Wirtschaft der DDR. So übernahm das Archiv die Unterlagen ausgewählter zentraler und regionaler Wirtschaftseinheiten, z. B. von Kombinaten und Großbetrieben. Nach Artikel 25 des Einigungsvertrags wurde die volkseigene Wirtschaft und damit ihre Vermögenswerte durch die Treuhandanstalt verwaltet. Das Landeshauptarchiv hatte dennoch auch weiterhin die Möglichkeit, Unterlagen aus den ehemals zentral- und bezirksgeleiteten volkseigenen Betrieben zu übernehmen. Einige der archivierten Betriebsunterlagen reichen somit bis zum Zeitpunkt der endgültigen Abwicklung bzw. Privatisierung.

Zu den Beständen

Rep. 907 VEB Hutwerke Guben Nr. 1159 (Datensatz zur Akte)

Vorwort des Bestands Rep. 907 VEB Hutwerke Guben, v. a. Abschnitt zur Betriebsgeschichte

Weiterführende Informationen

Katrin Verch, Was wurde aus dem Betriebsarchiv des VEB Maschinenbau „Karl Marx“ Babelsberg? In: Brandenburgisches Landeshauptarchiv (Hg.), Arbeiten für das Gedächtnis des Landes, Potsdam 2019, S. 94-100.

Bundeszentrale für politische Bildung, Filmbeitrag „Wem gehört der Osten? Die Betriebe“, Hoferichter und Jacobs Filmproduktion 2016.

W.A.F. Institut für Betriebsräte-Fortbildung AG: BetriebsratWissen, Sozialplan, 2019.

Objekte und Fotos: museum-digital:brandenburg, Sammlungsbereich Hutmacherei in den Museen der Stadt Guben.

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