Fallbeispiel: Die Kunstsammlung Arthur und Eugen Goldschmidt

Die Brüder Eugen Goldschmidt (1878-1938) und Arthur Goldschmidt (1882-1938) bewohnten seit ca. 1937 gemeinsam eine Wohnung in Berlin-Wilmersdorf. Unmittelbar nach den Novemberpogromen 1938 nahmen sich die Brüder das Leben. Ihr Neffe Edgar Moor (1912-?) und ihre Nichte Irmgard Hoeniger (?-1939) erbten den Nachlass. Beide Erben waren zu diesem Zeitpunkt bereits in die USA beziehungsweise nach Südafrika emigriert. 1939 fiel der gesamte Nachlass durch den Tod der Nichte an Edgar Moor.

Die Kunstsammlung

Zum Nachlass der Goldschmidt-Brüder zählte eine Kunstsammlung, die – nach Aktenlage – der Inszenierung ihrer Wohnung diente. Neben niederländischen Gemälden des 17. Jahrhunderts werden französische und deutsche Gemälde des 19. Jahrhunderts – vorwiegend kleine und mittlere Formate – in einem 1939 im Zusammenhang mit der Testamentsvollstreckung entstandenen Inventarverzeichnis mit über 900 Positionen angeführt. Seltene Grafiken, nicht näher datierbare Skulpturen, einige Ostasiatika-Objekte sowie zahlreiches kunstgewerbliches Porzellan sind dort ebenfalls überliefert. Daneben war die Wohnung, wie dem Sachverständigen-Gutachten zu entnehmen ist, mit französischen Möbeln aus den Stil-Perioden des 18. Jahrhunderts und kostbaren Teppichen sowie Tapisserien aus den Brüsseler Werkstätten des 17. Jahrhunderts ausgestattet.

Die Zerstörung der Sammlung durch Verwertung

1939 übertrug der Testamentsvollstrecker etwa 30 Positionen aus dem Inventarverzeichnis – bestehend aus Gemälden, Möbeln, Teppichen und anderen Ausstattungsgegenständen – als Schenkung an einen Freund der Goldtschmidts, der mit der zur Familie gehörenden betagten Gouvernante in der Wohnung lebte. Auf der Grundlage der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 fiel der gesamte restliche Nachlass der Goldschmidt-Brüder an den nationalsozialistischen Staat und sollte zu Gunsten der Staatskasse verwertet werden. 1943 erfolgte eine erneute Schätzung einiger Posten aus der Kunstsammlung durch einen Sachverständigen. Diese Posten und einiger „Hausrat“ wurden in einer Sammelversteigerung des Oberfinanzpräsidenten im April durch ca. 180 Lose verwertet.


Eine derartige Auktion lässt nach Auffassung der neueren Forschung auf Kunstobjekte schließen, deren Qualität als „zweitrangig“ eingestuft wurde. Bestärkt wird die These durch die Weisung des Behördenangestellten Moser, eine Tapisserie der Brüsseler Werkstätten des 17. Jahrhunderts aus der Versteigerung herauszunehmen. „Kunstschätze“ mussten seit 1941 ausgesondert und dem Reichsfinanzminister zur weiteren Verfügung gemeldet werden. Auch die wertvollsten Gemälde aus der Sammlung der Goldschmidt-Brüder sind in der OFP-Versteigerungsniederschrift nicht zu finden ebenso wie sogenanntes jüdisches Kulturgut und Familienbilder.


Diese Verluste sind Desiderate der gegenwärtigen Forschungen – ebenso die Frage, wie die in der Versteigerungsniederschrift annotierten Akteure aus dem lokalen Kunsthandel, darunter Hans W. Lange, Lukas Akliros und Rudolf Bielenberg mit den erworbenen Objekten weiter verfuhren.

Ansprechpartnerin: Dr. Irena Strelow