Liebermann-Akte des Landeshauptarchivs im Berliner Gropius-Bau zu sehen

Ausschnitt einer Aktenseite mit Inventarliste der Wohnung Martha Liebermanns
Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) Nr. 23296 Bl. 10r

Noch bis zum 7. Januar 2019 ist im Berliner Gropius-Bau die Ausstellung „Bestandsaufnahme Gurlitt. Ein Kunsthändler im Nationalsozialismus“ zu sehen. Die Schau zeigt rund 250 Werke aus dem sogenannten Kunstfund Gurlitt, der nach seiner Entdeckung im November 2013 für Schlagzeilen sorgte. Zudem gibt sie Einblicke „in die Geschichte der Objekte und die Schicksale der verfolgten, meist jüdischen Sammler*innen, Kunsthändler*innen und Künstler*innen, die dem NS-System zum Opfer fielen“. In diesem Kontext ist eine Akte aus dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv zu sehen, die die Enteignung von Martha Liebermann, Witwe des Impressionisten Max Liebermann, veranschaulicht.

Die Akte Martha Liebermann

Um der Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt zu entgehen, nahm sich Martha Liebermann im März 1943 das Leben. Nach ihrem Tod beschlagnahmten die Nationalsozialisten ihre Wohnung mitsamt der Einrichtung – darunter die Sammlung des 1935 verstorbenen preußischen Impressionisten Max Liebermann. Zum Zeitpunkt ihres Todes waren von der umfangreichen Kollektion des Malers noch 53 Werke in ihrem Besitz. Die zunehmenden Repressionen der Nazis hatten sie in den Vorjahren gezwungen, einen Teil der Werke zu veräußern. Was genau mit den beschlagnahmten Bildern geschah, ist in vielen Fällen noch ungeklärt – so auch die Frage, ob sich ein Teil dieser 1943 verschwundenen Werke im Gurlitt-Fund befindet.

Am 24. März 1943 ließ der Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg den beschlagnahmten Nachlass Martha Liebermanns erfassen. Die Inventarlisten aus der Wohnung umfassen rund 20 Seiten. Überliefert sind diese Listen in einer Akte der „Vermögensverwertungsstelle“ im Brandenburgischen Landeshauptarchiv (Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) Nr. 23296). Sie ist eine von 42.000 personenbezogenen Einzelfallakten aus der „Vermögensverwertungsstelle“ des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg, die im Landeshauptarchiv verwahrt sind. Insgesamt umfasst die Akte fast 200 Blätter und veranschaulicht neben der Enteignung auch das Ringen der betagten Hausangestellten Martha Liebermanns um die Rückgabe ihrer Habseligkeiten, die mit dem Besitz der Witwe beschlagnahmt wurden.

Die „Vermögensverwertungsstelle“

Im Jahr 1942 wurde die sogenannte „Vermögensverwertungsstelle“ als Sonderstrukturteil beim Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg errichtet. Ihre Tätigkeit stand in unmittelbarem Zusammenhang mit den einsetzenden Deportationen jüdischer Bürger. Zwischen Gestapo und Finanzverwaltung erfolgte bei den Deportationen eine präzise Arbeitsteilung. Organisatorisch war dieser Strukturteil der Abteilung Personal und Verwaltung zugeordnet. Die „Vermögensverwertungsstelle“ war gemäß Erlass der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 für die Erfassung, Verwaltung und Verwertung des Vermögens der deportierten, ausgewanderten oder verstorbenen Juden zuständig. Sie führte hierzu eine Kartei sowie personenbezogene Akten. In geringem Umfang sind Unterlagen zu Sinti und Roma überliefert.

Mehr Informationen zur Nutzung des Bestandes sowie zur Behörden- und Bestandsgeschichte des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg finden Sie hier.