Erschließung des NS-Archivs des MfS abgeschlossen

Ausschnitt aus der Archivplansuche zeigt den Aufbau der Rep. 161 NS-Archiv des MfS
Rep. 161 NS-Archiv des MfS: Ausschnitt aus der Archivplansuche unter recherche.im.blha.de

9. Mai 2018 – In den Jahren 2004 und 2005 übernahm das BLHA aus dem Bundesarchiv rund 160 lfm Unterlagen aus der Sammlung „NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)“. Sie waren Bestandteil der ehemals zentralen Sammlung, die 1990 in das Bundesarchiv gelangte. 2001 begannen dort Arbeiten an der Sammlung mit dem Ziel ihrer Auflösung durch Einordnung in die Provenienzbestände des Bundesarchivs und der Abgabe der in die Zuständigkeit der Archive der Länder fallenden Unterlagen. Nach intensiven Erschließungsarbeiten im BLHA stehen den Nutzern nun umfangreiche Daten für die Recherche im Bestand zur Verfügung.

Die Entstehung dieser Sammlung geht auf den Aufstand des 17. Juni 1953 zurück. In Reaktion darauf führte das MfS alle ihm zugänglichen Unterlagen aus der NS-Zeit in seinem Zentralarchiv in der Freienwalder Straße in Berlin-Hohenschönhausen zusammen. Dort werteten Mitarbeiter des MfS die Unterlagen systematisch nach Material über die vermeintlichen Drahtzieher des Aufstandes, über ehemalige Mitglieder der NSDAP oder über Sympathisanten des NS-Regimes aus. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden für verschiedene Zwecke, für Strafverfahren wegen NS-Verbrechen und insbesondere für die operative Tätigkeit des Geheimdienstes genutzt.

Auswertungsmöglichkeiten für sach- und ortsbezogene Fragestellungen

Nach der Übernahme wurde im BLHA die Grundsatzentscheidung getroffen, die in weiten Teilen aus ihren Entstehungszusammenhängen gerissene Überlieferung zusammen zu belassen und als Pertinenzbestand aufzustellen. Die erforderliche Erschließung der Unterlagen zur Bereitstellung des Bestandes für die Benutzung konnte nunmehr weitestgehend abgeschlossen werden. Trotz der Vorarbeiten des Bundesarchivs nahmen die Arbeiten einen längeren Zeitraum in Anspruch. Zunächst ging es darum, die ohne Verzeichnungsangaben vom Bundesarchiv übergebenen Unterlagen im Umfang von immerhin einem Drittel des Bestandes zu bearbeiten.

Dabei handelte es sich um vom MfS „unregistrierte“ Akten sowie um Teilbestände, die allein mit der Namenserfassung des MfS zugänglich waren. In einem zweiten Schritt mussten die für den größeren Teil der Überlieferung vom Bundesarchiv bereitgestellten Verzeichnungsangaben mit den Personenangaben des MfS zusammengeführt, alle Angaben selbst überprüft, meist noch wesentlich ergänzt werden. Die überarbeitete Verzeichnung und die Einordnung der Unterlagen in eine Klassifikation ermöglichen nun, die einzelnen Dokumente, Vorgänge, Akten oder Dossiers (Unterlagen unterschiedlicher Provenienz zu einer Personenakte zusammengestellt) in ihrem Provenienzkontext sichtbar zu machen. Abseits des rein personenzentrierten Zugriffs wurden damit Auswertungsmöglichkeiten für sach- und ortsbezogene Fragestellungen geschaffen. Damit lassen sich zugleich in vielerlei Richtungen Querverbindungen zu korrespondierenden Überlieferungen in den eigentlichen (Haupt- beziehungsweise Provenienz-)Beständen herstellen.

Biographische Quellen und Sachakten

Im Bestand überwiegen bei weitem personenbezogene Unterlagen. Er enthält aber auch eine Reihe von „echten“ Sachakten. Die Unterlagen stammen etwa zur Hälfte aus staatlichen und kommunalen Behörden sowie von Stellen der NSDAP, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände im Bereich der Provinz Brandenburg. Die andere Hälfte entstand nach dem 8. Mai 1945 bei Behörden und Stellen im Land Brandenburg (1945-1952), vor allem bei Entnazifizierungskommissionen und Polizeibehörden (Landesbehörde der Volkspolizei, Kriminaldienststellen, Volkspolizei-Kreisämter) im Zusammenhang mit der Entnazifizierung und der strafrechtlichen Verfolgung von NS-Verbrechen. Die biographischen Quellen beziehen sich vornehmlich auf Personen und ihr Wirken in der NS-Zeit. Die Unterlagen im Bestand geben auch Auskunft über Opfer und Verfolgte des NS-Regimes sowie über Personen, die gegen die politischen Veränderungen nach 1945 opponierten und dafür polizeilich überwacht oder strafrechtlich belangt wurden.

Die Erschließungsangaben zu den insgesamt 38.517 Verzeichnungseinheiten sind – mit Ausnahme der ca. 270 Akten mit noch bestehenden Schutzfristen – im Lesesaal einsehbar. In der Online-Recherche erfolgt die Anzeige von Aktengruppen mit sehr dezidierten Angaben zu Personen nur auf der Ebene der Klassifikationsgruppe. Dort ist jeweils der Umfang der untergeordneten Akten vermerkt.